Karin Heimgartner, Sozialbegleiterin
2009 wurde Nicolas Wittwer Vater. Grund genug, eine Festanstellung anzunehmen, um ein gesichertes Einkommen zu haben. So war er die nächsten fünf Jahre angestellter Gärtner, arbeitete aber auch weiterhin freischaffend als Bildhauer – zusammen deutlich mehr als ein 100-Prozent-Pensum.
2011 erhielt er die Möglichkeit zu einem einjährigen Praktikum in der Kinderbetreuungsstätte «Chinderhuus». Er hatte schon auf seine Kinder-Kunstkurse sehr positives Feedback erhalten, dazu nun weitere Erfahrungen in der Kinderbetreuung gesammelt. Der logische nächste Schritt: Nicolas Wittwer recherchierte Möglichkeiten einer Ausbildung im Sozialbereich. Dabei stiess er auf die Nachholbildung FaBe K nach Art. 32 BBV für Erwachsene am bke Bildungszentrum Kinderbetreuung, die zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis führt.
Neuer Hauptberuf: Kinderbetreuung
Nachdem er alle Voraussetzungen für die Nachholbildung FaBe K erfüllt hatte, konnte er seine Ausbildung starten. Die Unterrichtstage am Freitag und Samstag waren eine spürbare Zusatzbelastung.
Doch seine grosse Lebens- und Berufserfahrung, etwas «Doping» mit Zusatzvitaminen und dazu gute Planung ermöglichten ihm 2017 den erfolgreichen Abschluss als FaBe Fachrichtung Kinderbetreuung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis.
Schon während seiner Ausbildung verstärkte er sein Engagement im «Chinderhuus» und übernahm die Gruppenleitung des Mittagstischs im Jugendhaus Oase in Küssnacht. An vier Tagen der Woche betreut Nicolas Wittwer Kinder von der 6. Klasse bis zur Oberstufe. Am Nachmittag kommen zusätzlich Erst- und Zweitklässler in die Gruppe. Ausserdem ist er «der Mann für alles»: Als einziger männlicher Festangestellter und ausgestattet mit vielfältigen beruflichen Erfahrungen, pflegt er auch hin und wieder den Garten vom «Chinderhuus».
Kunst als Lebenseinstellung
War es denn eigentlich schon immer sein Wunsch, mit Kindern zusammenzuarbeiten? «Nicht unbedingt; meine Passion war und ist weiterhin die Bildhauerei.» Der Künstler in ihm ist stark geblieben, und Nicolas Wittwer hat nicht vor, sich von der Kunst zu verabschieden. Dafür kann er sein breites Wissen über Materialien und Werkzeuge, über Natur und Umwelt aktiv in seine Arbeit einfliessen lassen. So geht er mit den Kindern regelmässig in den Wald, um ihnen Pflanzen, Bäume und das Holz zu zeigen und ihnen seine Erfahrungen und sein grosses Wissen zu vermitteln. Dabei geht es ihm vor allem darum, die Wahrnehmung der Kinder mit allen Sinnen zu fördern. Dafür wendet er aktive Lernmethoden wie Zeichnen, Basteln und handwerkliche Techniken an. Er kombiniert die verschiedenen Tätigkeiten auch mit künstlerischem Arbeiten. Damit will er den Kindern einen Entwicklungsschritt auch abseits des klassischen Bildungssystems ermöglichen und bei ihnen gleichzeitig das «geistige und gestalterische Auge» fördern.
«Alles ist möglich»
Für Nicolas Wittwer steht das Vermitteln von Werten und Wissen an erster Stelle. Dafür setzt er auch die Kunst ein – auch aus der Überzeugung heraus, «dass die Welt da draussen, wie wir sie gestalten, nicht für alle Kinder geeignet ist». Mit seinen Methoden möchte er den Kindern zeigen, dass alles möglich ist, wenn man etwas wirklich will, mit den Händen, mit dem Bewusstsein oder beidem zusammen. Natürlich steht er selbst mit seinem Lebenslauf als Vorbild für diese Haltung.
Doch auch seinen eigenen Weg betrachtet er noch lange nicht als abgeschlossen. Die Betreuung von Kindern will er als Beruf weiterführen, und er sieht seine Zukunft auch im «Chinderhuus». Er kann sich gut vorstellen, sich in Bereichen weiterzubilden, in denen es vor allem um das Entwickeln und Einsetzen des eigenen Bewusstseins geht.
Daneben bleibt die Kunst sein zweites grosses Arbeitsfeld. Noch immer führt der mehrfach prämierte Bildhauer Aufträge aus, ist Mitglied der Ortsbildkommission und wurde 2018 auch gewähltes Mitglied der Kulturkommission von Küssnacht am Rigi.
Mit dem Wechsel in den Sozialbereich und der Kombination der betreuenden und der künstlerischen Tätigkeit hat Nicolas Wittwer Traumberuf und Traumberufung verbinden können und so seinen Existenzmittelpunkt gefunden.